Einmalige Erfahrungen in Schweden

 Carmen Estermann nutzte im Rahmen des Mobilitätsprogramms die Möglichkeit, ein internationales Austauschsemester an der Universität Uppsala zu absolvieren. In Schweden verlief allerdings nicht alles wie geplant. 

Japan oder Schweden. Osaka oder Uppsala. Das waren die möglichen Zielorte von Carmen Estermann für ihr Austauschsemester. Sie wollte im Rahmen ihres Masterstudiums in Fachdidaktik Natur, Mensch, Gesellschaft und Nachhaltige Entwicklung fachspezifische Erfahrungen im internationalen Umfeld sammeln, Austausche fördern, an Projekten mitarbeiten und ihr eigenes Netzwerk aufbauen. Die Wahl fiel schliesslich auf die Universität Uppsala, nördlich von Stockholm, aufgrund eines dort angesiedelten Instituts, dem Swedish International Centre of Education for Sustainable Development (SWEDESD), bei welchem sie sich für eine Stelle beworben hatte.

Ihre erste Anfrage für ein halbjähriges Praktikum in Schweden wurde positiv beantwortet. Eine Anreise wäre schon im Jahr 2019 möglich gewesen, doch die Sekundarlehrerin mit einem Unterrichtspensum im Kanton Luzern überstürzte nichts, hielt sich an alle schulischen Vereinbarungen und bekam einen beantragten Urlaub fürs Frühlingssemester 2020 bewilligt.

So begann Carmen Estermann im Frühjahr 2020 wie geplant ihr Semester in Schweden. In Uppsala verlief jedoch nicht alles planmässig, «doch genau das Unerwartete hat grandioses Potenzial für die persönliche wie berufliche Entwicklung», sagt die Sekundarlehrerin.

In Schweden konnte das anvisierte Projekt aufgrund einer Erkrankung der Leitungsperson nicht durchgeführt werden. Carmen Estermann organisierte sich jedoch schnell neu, absolvierte ein Vollzeitsemester und konnte dadurch in anderen Bereichen ihres Masterstudiums schneller vorankommen. Der Master dient Carmen Estermann u.a. auch als Sprungbrett für eine Doktorarbeit.

Ihre Dissertation wird sich den globalen Herausforderungen im Unterricht widmen. Im Zentrum stehen Mittel und Wege betreffend Vermittlung komplexer Themen, politischer Werte, Wertehaltungen wie auch Einstellungen von Lernenden zu Menschenrechten und verwandten globalen Themen. 

Carmen Estermann ist auf Kurs, sie klingt im Gespräch engagiert, stets motiviert, phasenweise auch enthusiastisch. Das Interesse für ihr weit reichendes Spezialgebiet ist in jedem Wort spürbar, ihre Offenheit für andere, wenig bekannte Kulturen ist fast mit Händen greifbar.

Unvergessliche Melodie der Sprache

«In Schweden hatte ich das Glück, dass ich Einheimische kennenlernte. Die gemeinsame Sprache war an der Universität wie innerhalb der Wohngemeinschaft meist Englisch, aber ich besuchte auch einen Sprachkurs in Schwedisch, erlernte hilfreiche Basiswörter etwa für Einkäufe und profitierte davon, dass Menschen, die mit Schweizerdeutsch, Deutsch und Englisch vertraut sind, relativ schnell einen guten Zugang zur schwedischen Sprache erhalten», erzählt Carmen Estermann. Mittlerweile ist einiges etwas in Vergessenheit geraten, nicht aber die Melodie der schwedischen Sprache.

Leider dauerte der Aufenthalt Corona-bedingt nur zwei Monate. Trotz frühzeitiger Rückkehr konnte Carmen Estermann ihr Austauschsemester im Fernstudium regulär abschliessen und auch die Leistungsnachweise in den Kursen erfüllen. Umso spannender ist es zu erfahren, wie Carmen Estermann die völlig unterschiedliche Art und Weise erlebte, wie in Schweden und der Schweiz mit dem Virus umgangen wird: «Ich verfolgte die Schweizer Medien allenthalben, hatte den Live-Ticker von SRF praktisch immer an und erlebte, welche Massnahmen zu Hause diskutiert und umgesetzt wurden, während wir in Uppsala mit Schwedinnen und Schweden am Abendtisch über mögliche Szenarien für Skandinavien sprachen. Als ich einmal sicherheitshalber abklärte, ob die Bibliothek während meiner Prüfungswoche Mitte März geöffnet sei und ob ich dort arbeiten könne, erhielt ich eine klare und in der Bibliothek gut hörbare Antwort: «‘Cool down honey, you’re in Sweden not in the US’. Alle Blicke waren auf mich gerichtet», erzählt sie lachend.

Schweden und Corona: Weder unpassend noch atypisch

Carmen Estermann erinnert sich an Mitstudierende aus Schweden, die sich gegenüber der Regierung und dem Umgang mit dem Coronavirus kritisch äusserten. Mit etwas Distanz zum damaligen Geschehen findet sie, dass der schwedische Weg nicht unpassend oder gar atypisch sei:

«Schweden hat eine andere Altersverteilung als beispielsweise Italien, eine andere Kultur, lebt eine liberale Demokratie, basierend auf viel Vertrauen, mit Appell an die Selbstverantwortung der Individuen. Ich erinnere mich an einen Artikel, den ich zu dieser Zeit gelesen hatte, welcher die Beziehung von Schweden gegenüber China als bereits angespannt beschrieb und die Annahme enthielt, dass Schweden sich nicht einem externen Diktat unterwerfen möchte.»

Wenn Carmen Estermann sagt, derlei sei sehr interessant und spannend zu beobachten, klingt sofort auch ihr Enthusiasmus für diese facettenreiche, auch – politische - Thematik wieder an. Da sind wir wieder bei den «global issues» und ihrer Doktorarbeit, auf die man sich nur freuen darf.


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