9. Mai 2025

UNESCO-Lehrstuhl für die PH Luzern

Am 7. Mai 2025 fand die offizielle Inaugurationsfeier zum UNESCO-Lehrstuhl für Didaktik der Nachhaltigkeitswissenschaft und politische Bildung an der PH Luzern statt. Die Verantwortlichen Markus Wilhelm und Stefanie Rinaldi erläutern die damit verbundenen Ziele und Verpflichtungen.

Kathrin Krammer, Rektorin der PH Luzern, betonte in ihrer Begrüssungsansprache der Inaugurationsfeier zum UNESCO-Lehrstuhl für Didaktik der Nachhaltigkeitswissenschaft und politische Bildung mit Bezug auf den «Swiss Overshoot Day», den Tag im Jahr, an dem die natürlichen Ressourcen aufgebraucht sind und der heuer just auf den 7. Mai fiel: «Die derzeitigen geopolitischen Entwicklungen und gesellschaftlichen Herausforderungen verdeutlichen die Wichtigkeit des gemeinsamen Einsatzes zu Gunsten von Nachhaltigkeit und politischer Bildung für das Gelingen von Demokratie und die Erhaltung unserer Umwelt.»

Dorothee Brovelli, Prorektorin des Leistungsbereichs Forschung und Entwicklung, schloss diese Klammer in ihrem Statement zum Ende der von Akkordeonistin Yvonne Glur mit Musette-Musik untermalten Feier im Uni/PH-Gebäude und sagte: «Die PH Luzern will starke Zeichen setzen, insbesondere im Kontext des Berufsfeldbezugs.» Man sehe Bildung in Nachhaltiger Entwicklung (und nicht für Nachhaltige Entwicklung) als laufenden Prozess, in dem Menschen befähigt werden, bei individuellen Entscheidungen die relevanten Parameter zu berücksichtigen. 

Die PH Luzern orientiert sich in ihrem Verständnis von Nachhaltiger Entwicklung an der UNESCO-Strategie und ihren sozialen, ökologischen und ökonomischen Zielen. Sie muss ihren Status als einzige Schweizer Pädagogische Hochschule mit einem UNESCO-Lehrstuhl immer wieder bestätigen und sich entsprechend committen, wie Thomas Zeltner, Präsident der UNESCO-Kommission Schweiz, ausführte. Regula Bürgi, Leiterin Fachstelle Hochschulbildung des Kantons Luzern, versicherte den rund 100 Anwesenden an der Inaugurationsfeier in ihrem Statement von Seiten Bildungs- und Kulturdepartement: An der PH Luzern werde nachhaltiges Bewusstsein geschaffen, weil Antworten auf existenzielle Fragen gesucht würden. 

Wie das im Alltag passiert, wie die Aus- und Weiterbildung von Lehrpersonen an der PH Luzern davon betroffen sind und welche Auswirkungen im Unterricht für Schülerinnen und Schüler zu spüren sein werden, erläutern Markus Wilhelm (MW) und Stefanie Rinaldi (SR), die den UNESCO-Lehrstuhl gemeinsam führen, im nachfolgenden Gespräch. 

 

Was sind die wichtigsten konkreten Ziele des Lehrstuhls für Didaktik der Nachhaltigkeitswissenschaft und politische Bildung an der PH Luzern? 

MW: Wir wollen Bildung in Nachhaltiger Entwicklung an der PH Luzern stärken. In der Bildung stellt sich oft und schnell die Frage: Wie lassen sich Ziele didaktisch erreichen? Von daher ist dieser institutsübergreifende UNESCO-Lehrstuhl hilfreich, wenn es darum geht, Nachhaltigkeit auf verschiedenen Schulstufen und in verschiedenen Fächern zu integrieren. 

Welche Bedeutung hat das UNESCO-Label dabei? 

MW: Dieses hat verschiedene Bedeutungen. Am wichtigsten ist die damit verbundene Vernetzung. Wir können lokal, regional, national und international mit anderen Lehrstühlen in Kontakt treten und gemeinsame Interessen auch gemeinsam verfolgen und entsprechende Ziele anstreben. 

SR: Die Biosphäre Entlebuch zum Beispiel ist eine lokale Partnerin von uns. Studierende der PH Luzern können dort Praktika absolvieren oder Unterrichtsmaterialien mitentwickeln. Wir arbeiten aber auch mit Partnern und Partnerinnen im Ausland zusammen. Beispielsweise haben wir vor kurzem ein Projekt abgeschlossen mit zwei Partnerhochschulen in Brasilien, bei dem es um die Vorstellungen von Jugendlichen betreffend Mensch und Natur im Kontext von Klimawandel ging. Wir erachten es als zentral, dass Lehrpersonen auf die Vorstellungen ihrer Schülerinnen und Schüler eingehen können, die sie in den Unterricht mitbringen. 

Was in der Forschung startet, geht in der Lehre weiter.

Markus Wilhelm

MW: Generell lässt sich sagen, dass die PH Luzern insbesondere in zwei Bereichen von diesem UNESCO-Lehrstuhl profitiert, in der Forschung und Entwicklung einerseits, in der Aus- und Weiterbildung von Lehrpersonen andrerseits. Und was in der Forschung startet, geht in der Lehre weiter, zum Beispiel mit dem Projekt UNKKE. UNKKE steht für Unterricht in Nachhaltigkeit – komplex, kontrovers, emotional. Es ist ein spielerisches Nationalfonds-Projekt für die Primarstufe. Dabei und auch bei anderen Projekten geht es nach der Konzipierungsphase um die Umsetzung und die Unterstützung von Lehrpersonen, wie sie im Unterricht auf diese Themenbereiche eingehen können. Und da wiederum ist natürlich interessant, wenn wir nationale und internationale Erfahrungswerte anderer Lehrpersonenbildungsinstitutionen abholen können, was jetzt durch die Vernetzung via UNESCO-Lehrstuhl gut möglich ist. 

SR: Das UNESCO-Label führt zu einer Stärkung unserer Bemühungen, intern wie extern. Unsere Absicht ist, dass wir den gesamten Bereich der Aus- und Weiterbildung von Lehrpersonen zusätzlich stärken und hoffentlich auch ganz konkret unsere Angebote im Bereich der Weiterbildung noch besser adressieren können. Lehrpersonen sind oft stark mit dem Umgang mit sozialen Themen an Schulen beschäftigt, so dass ihnen auch mal die Zeit fehlen kann, sich mit Themen wie Nachhaltigkeit in eigentlich erforderlichem Mass auseinanderzusetzen. 

Nachhaltigkeit ist darum ein Querschnittsthema an der PH Luzern? 

MW: Genau. Die PH Luzern hat seit rund drei Jahren in jedem Fach Ambassadorinnen und Ambassadoren, die sich dem Thema Nachhaltigkeit widmen und es im eigenen Fach zu stärken versuchen. Durch den UNESCO-Lehrstuhl können und wollen wir uns noch stärker committen. Sei es im Fach Deutsch, in der Mathematik… 

Moment, mit Verlaub: Mathematik scheint jetzt nicht auf Anhieb viel gemeinsam zu haben mit Nachhaltigkeit.  

MW: Der erste Eindruck mag so sein, aber im Lehrplan 21 gibt es beispielsweise Hinweise auf Kompetenzen für das Interpretieren von Grafiken, in denen ökonomische, ökologische oder soziale Komponenten dargestellt sind. Nachhaltigkeit wird im Lehrplan 21 gross geschrieben, und die damit verbundenen Ansprüche können wir fortan im Studium noch besser aufnehmen. Und ganz offen und ehrlich: Ich bin überzeugt, dass der UNESCO-Lehrstuhl hierbei auch zu einem gesteigerten Selbstbewusstsein von Dozierenden beiträgt, wenn es darum geht, diese Themenbereiche zu vertreten. 

Mit der konkreten Konsequenz, dass sich das UNESCO-Label auch auf den Schulalltag von Jugendlichen auswirken wird? 

SR: Absolut, denn eine grosse Herausforderung für Lehrpersonen ist, dass sich Aspekte aus dem Themenbereich der Nachhaltigkeit oft als sehr komplex und kontrovers herausstellen. Darum haben wir als zweiten Teil des Lehrstuhl-Namens die «Politische Bildung» genannt. Denn es geht auch um die Frage, wie man mit derartigen kontroversen Themen umgeht an Schulen, zumal in einem Spannungsfeld, das der politischen und konfessionellen Neutralität verpflichtet ist und gleichzeitig wertebasiert ist, wie es etwa das Luzerner Volksschulgesetz verlangt. Für Lehrpersonen ist das ein Spannungsfeld, in dem es recht anspruchsvoll ist zu navigieren. Das heisst: Wenn Schülerinnen und Schüler lernen sollen, sich ihr Eigenbild zu derlei Aspekten zu erstellen, müssen die Lehrpersonen entsprechende Kompetenzen mitbringen. Sie müssen fähig sein, die Jugendlichen in den damit verbundenen Prozessen zu begleiten.

 


Bildergalerie von der Inaugurationsfeier am 7. Mai 2025 (Fotos Eveline Beerkircher)


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